Tumorbildung durch Agrobacterium tumefaciens

... und überhaupt ...

Über das Für und Wider der Gentechnik in der Landwirtschaft

 

Teil 1: Gentechnologie, Herbizide und Ökologie (hier Teil 2 und Teil 3)

 

Schon lange liegt der Artikel in meiner Schublade und verstaubt so langsam. Nun wird er veröffentlicht. Aufgrund seines Umfanges habe ich ihn gekürzt und in mehrere Teile zerlegt, die in den folgenden Ausgaben des Likedeelers veröffentlicht werden. Meine diffusen Kritiken machten sich vor allem an der ökologischen Schädlichkeit und einer eher moralischen Abneigung fest. Unmoralisch wie ich bin, dachte ich mir, so einfach ist das nicht. Lieber mit den angepriesenen Vorzügen sich auseinandersetzen und die Kritiken der Gentechnikgegner und -gegnerinnen hinterfragen.

Die Technologie

Zunächst möchte ich auf das Verfahren bei der Gentechnik eingehen. Ziel ist es, dem Organismus eine Eigenschaft zu geben, die in seinen Genen nicht verankert ist. Ein Fremd- Gen, in dem verschlüsselt die Informationen zur Ausbildung des gewünschten Merkmales gespeichert sind, wird dazu auf den Organismus übertragen. Es gibt mehrere Varianten, fremde Gene in ein Lebewesen einzubauen. Eine erfolgsversprechende Genübertragung wurde mit der Nutzung einer Bakterie erreicht. Agrobacterium tumefaciens überträgt ohne menschliches Zutun Gene in die Pflanze. Der Mikroorganismus infiziert in der Natur Pflanzen an Verletzungen. Er bewirkt mit den übertragenen Genen Tumorbildung (Wurzelhalsgallen). Die Pflanze stellt dann Opin, ein Eiweiß, als Nahrung für die Bakterie her. Diese Methode wird nun auch bei unseren Kulturpflanzen angewandt. Die tumorbildenden Gene des Bakteriums wurden durch andere Gene mit speziellen Eigenschaften ersetzt. Das DNS- Stück wurde mit einem sogenannten Promotor ausgerüstet, so daß es unbedingt aktiv wird. Bei der Methode hat jeder 2. gebildete Sproß die gewünschte Eigenschaft. Trotz alledem hat die Methode Nachteile: Sie geht außer bei Mais nicht bei Getreide, unseren wichtigsten Nahrungspflanzen. Ein Problem bereitet auch noch die Regeneration von Einzelzellen zu Pflanzen. Ein Risiko besteht durch die Integration des Fremdgens an unvorherbestimmter Stelle. Dadurch ist die Aktivierung und Desaktivierung anderer Gene möglich, und ungewünschte Eigenschaften können eintreten. Die Arbeit mit gentechnisch veränderten Pflanzen in Mecklenburg Vorpommern wird von der AgrEvo GmbH und inzwischen auch von der Firma Monsanto vorangetrieben. Die AgrEvo GmbH ist ein Gemeinschaftsunternehmen von Hoechst und Schering. Dem Raps auf den mecklenburger Versuchsflächen der AgrEvo GmbH wurden von dem Bakterium Genstücke übertragen, die es ermöglichen sollen, das Unkrautvernichtungsmittel BASTA schnell in der Pflanze abzubauen. Damit würde die Pflanze als einzige gegenüber dem Gift unempfindlich sein und die Unkrautvernichtung wäre einfacher, werben zumindest die an der BASTA- Resistenz arbeitenden Betriebe.

Die Herbizide

BASTA wird von dem Hoechst- Konzern hergestellt. BASTA ist der Handelsname für die chemischen Verbindungen der Glufosinate. Das ist ein Pflanzengift, daß den Ammonium-Stoffwechsel der Pflanze stört und die Photosynthese hemmt. Ursprünglich wurde es im Obst-, Wein- und Kartoffelbau gegen sehr viele Unkräuter eingesetzt. Im Boden wird der Wirkstoff in 30- 40 Tagen bei dem Ammoniumsalztyp und als freie Säure in 4- 11 Tagen zur Hälfte abgebaut (Halbwertszeit). Er trägt das Gefahrensymbol Xn. Glufosinate dürfen nicht in Gewässer gelangen. Hautkontakt ist zu vermeiden und es wird empfohlen, nach der Arbeit und vor dem Essen mit BASTA benetzte Kleidung zu wechseln sowie den Körper mit Seife und Wasser zu reinigen. Es unterliegt der Wasserschutzgebietsauflage W2. Die Giftstärke wird bei Bienen als ungefährlich angegeben, während dies bei Fischen, Vögeln und Säugetieren nicht erwähnt wird. BASTA zerstört alle grünen Pflanzenteile. Es greift die Pflanzensamenbanken im Boden an, schädigt Kleinstlebewesen in Feuchtgebieten und Oberflächenwasser. Auch Bodenbakterien werden von dem Pflanzenschutzmittel beeinflußt. Ein Abbauprodukt von BASTA hat sich als chemisch stabil erwiesen. Dadurch ist der Verbleib im Boden und Eintrag ins Grundwasser möglich. Die Langzeitwirkungen des Stoffes sind nicht bekannt. Mit dem Verweis, daß BASTA im Boden schnell abgebaut wird, behauptet der Saatzuchtbetrieb Hans Lembke trotz alledem, daß die toxische Wirkung der von Kochsalz entspreche. Die Firma Monsanto hat dagegen Pflanzen gentechnisch verändert, die nun gegen das Totalherbizid Roundup resistent sind. Wirkstoff dieses Herbizids ist Glyphosphat. Er hemmt in der Pflanze die Herstellung von aromatischen Aminosäuren und wirkt so abtötend auf die meisten Pflanzen. Die Hersteller werben für Roundup ultra mit der biologischen Abbaubarkeit, damit, daß das Herbizid keine Wasserschutzauflagen hat und damit, daß das Herbizid nicht schädlich für nützliche Insekten sei (Bienen, Laufkäfer, Schlupfwespen). Zum Schutz des Anwenders empfehlen sie, jeden unnötigen Kontakt zu vermeiden. Das Mittel soll nicht in Oberflächengewässer gelangen. Außerdem räumt die Firma ein, daß das Mittel schwach schädigend für Regenwurmpopulationen ist. In Californien/ USA werden die durch Herbizide hervorgerufenen Krankheiten statistisch erfaßt, wobei die Glyphosphate mit an erster Stelle stehen. Symptome sind unter anderem Übelkeit, Erbrechen, Unterleibsschmerzen, Geschwüre im Mundraum und Rachen, niedriger Blutdruck, Harnversagen, nicht kardiogenes Lungenödem und Nervenreizungen. In Pflanzen können Rückstände des Herbizids noch bis ein Jahr nach der Behandlung nachgewiesen werden. Toxisch wirkt es desweiteren auf verschiedene Insekten, Fische und kleine Säugetiere. Verschiedene Vogelarten meiden die herbizidbehandelten Flächen. Ihre Populationsdichten sinken in diesen Gebieten. Die Halbwertszeit von Roundup im Boden ist sehr unterschiedlich und kann von 3 Tagen bis zu 3 Jahren (so in einigen schwedichen Waldböden nachgewiesen) dauern. Im Wasser beträgt die Halbwertszeit 12- 60 Tage.

Zu Risiken und Nebenwirkungen fragen Sie Ihren Hausarzt

In McPom übernimmt der Saatzuchtbetrieb Hans Lembke in Malchow/ Poel in Gewächshäusern und Laboren die Vermehrung der genmanipulierten Pflanzen. Das sind gentechnische Anlagen mit der Sicherheitsstufe 1. Das bedeutet, daß die Anlage bei der Landesbehörde angemeldet werden muß: in MV beim Sozialministerium. Das gentechnisch veränderte Saatgut ist getrennt aufzubewahren und alle Abfälle müssen vermehrungsunfähig gemacht werden. Diese Sicherheitsvorschriften sind gesetzlich vorgeschrieben, obwohl S1 verbal mit “kein Risiko“ betitelt wird. Die Pflanzen sind dann dazu bestimmt, in Freilandversuchen getestet zu werden. Die Freilandversuche werden unter anderem von der Kleinwanzlebener Saatzucht (KWS) durchgeführt. Dazu hat sich Hoechst in die KWS eingekauft. In MV lagen die Versuchsflächen in Tarnow und Rukieten und jetzt in Planung bei Groß Kiesow in der Nähe von Greifswald. Um die Versuchsfelder wird derzeit ein Sicherheitsabstand von 500m vom Gesetz gefordert. Was anfangs als zu großes Risiko von Umweltschützern und Umweltschützerinnen eingeschätzt wurde, hat nun einen realen Bezug: Forscher des dänischen „Risø National Laboratory“ haben festgestellt, daß sich das synthetische Gen auf wildwachsende Rübsen überträgt, die wiederum Herbizid- resistente Pflanzen bilden können. Der Pollenflug von Raps geht nachweislich über Entfernungen von 2,5 km. Die Resistenzentwicklung von den zu bekämpfenden Unkräutern ist damit vorprogrammiert. Und damit wären wir bei den ökologischen Folgen des Projektes. In der BRD werden jährlich 31000 t Pflanzenschutzmittel verbraucht. Ganz unabhängig von der Gentechnik bewirkt der Herbizideinsatz die Artenarmut der beikrautfreien Ackerkulturen. Die Hersteller behaupten, daß der Absatz von Herbiziden sinken könnte: Bauern würden weniger aber hochwirksame Herbizide kaufen. Weniger, weil bei dem empfohlenen Einsatz im Nachauflaufverfahren das Herbizid BASTA nach den Kriterien der Schadensschwelle (prüfen ob und wie viele Unkräuter wachsen) eingesetzt werden kann. Demgegenüber sagen MitarbeiterInnen vom Gen- ethischen Netzwerk, daß durch den Einsatz der Herbizide bei schon gewachsenen Unkräutern eine höhere Spritzmenge notwendig wäre, als bei kleinen und wenig entwickelten Unkräutern. Auch seien bei BASTA durch die relativ kurze Wirksamkeit mehrere Spritztermine nötig. Durch die oben beschriebene mögliche Resistenzentwicklung von Unkräutern wird ebnfalls der Herbizideinsatz steigen bzw. BASTA und Roundup durch neue wirksamere Herbizide ersetzt werden müssen. Als negativ für die Bodenfruchbarkeit erweist sich die unkrautfreie Krume. Sie erhöht die Erosionsgefahr. Andererseits bedeutet die rein chemische Bekämpfung der Unkräuter weniger mechanische Bodenbelastung. Das ist zumindest für die Erhaltung der Fruchbarkeit der Böden von Bedeutung und spricht für den Herbizideinsatz. Soweit zur Ökologie und zu den Argumentationslinien der Firmen und ihrer Kritiker. Der Teil 2 des Artikels beschäftigt sich mit der Einbindung der Gentechnik in unser Gesellschaftssystem. Im 3. Teil geht es sowohl um Formen des Widerstandes gegen die Gentechnik, als auch um die Vorzüge der Gentechnik. Sie werden in den nächsten Ausgaben veröffentlicht.

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(der ungekürzte Artikel mit Quellenangaben kann über den Likedeeler bestellt werden)


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