Bild aus einem Demonstrationsaufruf der Karawane für die Rechte der Flüchtlinge und MigrantInnen
IIklicke auf's Bild


Janusköpfe gegen Rechts oder: Wie die Regierung mit Ausländern umgeht

Für einen politischen Flüchtling in Mecklenburg Vorpommern droht Abschiebung

Akubuo Chukwudi, nigerianischer Flüchtling, der bei Sternberg im Landkreis Parchim untergebracht ist, ist akut von Abschiebung bedroht. Seit 7 Jahren befindet er sich in Deutschland. Akubuo zog 1998 mit der Karawane für die Rechte der Flüchtlinge und MigrantInnen sechs Wochen lang durch über 44 Städte Deutschlands. Kurz danach bekam er eine Abschiebeandrohung, die in letzter Minute durch einen Eilantrag in Verbindung mit zahlreichen Protestschreiben an das Verwaltungsgericht, das Innenministerium und die Ausländerbehörde abgewendet werden konnte. Das Verwaltungsgericht Schwerin erkannte damals an, daß Akubuo nicht nach Nigeria abgeschoben werden kann, da ihm dort Gefahr für Leib und Leben drohen. Akubuo setzt sich für die Rechte der Flüchtlinge ein. Er wehrt sich gegen soziale Ausgrenzung und Schikane durch Ämter und Behörden. Für die Schließung des “Dschungel-Heims” Peeschen bei Sternberg, in dem Akubuo leben muß, und für eine menschenwürdige Unterbringung aller Flüchtlinge sammelte er in den letzten Monaten über tausend Unterschriften. Dieses Engagement wird jetzt scheinbar bestraft. Obwohl das Asylfolgeverfahren bis heute noch nicht abgeschlossen ist, kündigte die Ausländerbehörde Parchim für den 24.08.00 erneut die Abschiebung an. Am 21.11.00 sprachen sich die Landtagsfraktionen der SPD und der PDS für ein Aufenthaltsrecht des Nigerianers aus, um ihm eine Hauptverhandlung im Asylbverfahren zu ermöglichen. Im November wurde Akubuo jedoch in Abschiebehaft genommen. Mehr als 3 Wochen trat er in den Hungerstreik, um der drohenden Abschiebung zu entkommen. Am 15.12.00 wurde er aufgrund seines schlechten gesundheitlichen Zustandes entlassen. Die Evangelische Versöhnungsgemeinde in Schwerin hat Akubuo nun aufgenommen. Innenminister Timm droht aber schon jetzt, das nach der körperlichen Genesung die Abschiebung vollzogen werde. Um diese Abschiebung zu verhindern, müssen das Verwaltungsgericht Schwerin, der Innenminister von Mecklenburg-Vorpommern und die Ausländerbehörde davon überzeugt werden, daß die Abschiebung rechtlich, politisch und menschlich nicht durchsetzbar ist, fordert die Karawane-Gruppe-Rostock. Sie müßten daher von möglichst vielen unterschiedlichen Menschen und Institutionen aufgefordert werden, die Abschiebeandrohung rückgängig zu machen. Der Innenminister kann anordnen, daß Akubuo zumindest für die Zeit seines Verfahrens einen Abschiebeschutz erhält.

Kongreßkoordinator in Thüringen sieht sich mit gerichtlicher Verfolgung konfrontiert

Cornelius Yufanyi, Mitglied der Menschenrechtsorganisation The VOICE Africa Forum in Jena und einer der Hauptorganisatoren des Flüchtlingskongreß vom 20. April bis zum 1. Mai 2000 (Gemeinsam gegen Abschiebung und soziale Ausgrenzung) wird inzwischen selbst wegen der Organisierung des Kongresses gerichtlich verfolgt. Der historische Kongreß, der mit einer Demonstration durch die Straßen Jenas gegen Abschiebung und soziale Ausgrenzung endete, zog TeilnehmerInnen aus 40 verschiedenen Ländern aus allen Ecken der Erde an. 600 Menschen nahmen am Kongreß teil mit einer täglichen Durchschnittsteilnahme von 200 - 250 Menschen. Der Kongreß wurde von internationalen Gästen, Menschenrechtsaktivisten, Flüchtlingen und MigrantInnen besucht und von mehr als 50 Organisationen representiert. The VOICE war unter dem Dach der Karawane für die Rechte von Flüchtlingen und MigrantInnen der Hauptinitiator und -koordinator in Verbindung mit dem Internationalen Menschenrechtsverein Bremen und der Karawane/kein mensch ist illegal-Gruppe Hanau.

Gegen die Zerstörung der Herkunftsländer der Flüchtlinge

Der Kongreß wurde organisiert als Teil des Prozesses, Flüchtlinge und MigrantInnen zusammen mit UnterstützerInnen aus unterschiedlichen Ländern gegen die Zerstörung der Herkunftsländer der Flüchtlinge wegen Ausbeutung durch die Reichen in ihrem Land und der Unterstützung der diktatorischen Regime von westlichen Ländern, zu vereinen. Der Kampf richtet sich gegen die Festung Europa, soziale Ausgrezung in Deutschland (Europa), die Probleme von Frauen in der Immigration, gegen Abschiebung und für einen absoluten Abschiebungsstop. Die meistbetonte Forderung des Kongreß war und ist immer noch die Abschaffung des Residenzpflichtgesetzes, das nur für die Flüchtlinge in Deutschland existiert. Zu Beginn des Kongresses war The VOICE damit konfrontiert, daß Flüchtlinge, die am Kongreß teilnehmen wollten durch die Anwendung des Residenzpflichtgesetzes an der Teilnahme gehindert wurden. Trotz eines Unterstützungsbriefes der Bundesausländerbeauftragten, Marie-Luise Beck, an alle Ausländerbehörden, der empfahl alle Flüchtlinge an diesem wichtigen Kongreß in Jena teilnehmen zu lassen, fuhren einige Behörden fort, die Flüchtlinge an der Teilnahme zu hindern. Dies wurde teilweise durch die Verweigerung einer Reiseerlaubnis für die Anfragenden bewerkstelligt und durch Einschüchterungsversuche und Strafandrohungen. Einem teilnehmenden Flüchtling wurde z.B. mit Abschiebung gedroht. In Rathenow und Cottbus gab die Ausländerbehörde sogar ein Kommuniqué des Brandenburger Innenministeriums bekannt, mit dem Auftrag keine Reiseerlaubnisse für Flüchtlinge auszustellen, die am Kongreß teilnehmen wollen.

Behinderungen bei der Organisation des Kongresses

Cornelius Yufanyi, wohnhaft im Landkreis Eichsfeld (Thüringen), erhielt ebenfalls keine Reiseerlaubnis seiner Ausländerbehörde. Die Begründung hierfür war, daß er nur einmal im Monat das Recht habe, eine Reiseerlaubnis zu bekommen und er diese Möglichkeit bereits ausgeschöpft hätte. Der Vertreter der Ausländerbehörde, Herr Schäfer, beschuldigte Cornelius sogar, seinen Landkreis ohne Erlaubnis verlassen zu haben, um den Kongreß in Jena vorzubereiten und anderen politischen Aktivitäten nachzugehen und er bräuchte keine Erlaubnis um das noch einmal mehr tun zu können. Cornelius Yufanyi, der Einladungsbriefe für internationale Gäste aus Großbritannien und anderen Länder geschrieben hat, die Visas bekommen haben, um am Kongreß teilnehmen zu können, wurde von den deutschen Autoritäten untersagt, an dem Kongreß, den er organisiert hat, teilzunehmen. Er nahm am Kongreß ohne Reiseerlaubnis teil und half sogar diese Illeglität in Jena während des Kongresses zu veröffentlichen. Am 28. April, acht Tage seit Beginn des Kongresses, wurde ein Artikel in der regionalen Tageszeitung Thüringer Allgemeine mit einem Interview Cornelius über den Kongreß und seiner Kritik über die deutsche Asylpolitik, mit Schwerpunkt auf dem Residenzpflichtgesetz, veröffentlicht. Dieser Artikel wurde vom Vertreter der Ausländerbehörde, Herr Schäfer, kopiert und zur Landespolizei geschickt, die Cornelius einige Wochen später zu einer Befragung lud. Nach einer Verständigung zwischen seinem Anwalt und der Polizei, verhängte das Amtsgericht eine Geldstrafe in Höhe von 600.- DM. Gepaart mit einer Polizeiverhaftung (Cornelius verbrachte sechs Stunden im Gefängnis) im Juni letzten Jahres während eines Karawane Hungerstreiks in Köln, um gegen den G7/G8 Gipfel zu protestieren, wurden Cornelius Yufanyi 98.- DM Geldbuße wegen Verlassen seines Landkreises nach Köln nach Verweigerung der Reiseerlaubnis auferlegt. Hinzu kamen 11.- DM Briefporto des Gerichts.

Ziviler Ungehorsam für Bewegungsfreiheit

Er schwur, in Zukunft niemals die Strafen zu bezahlen, die mit dem Residenzpflichtgesetz in Verbindung stehen. Er sagt, niemals für seine Bewegungsfreiheit zu bezahlen, die ein Geburtsrecht ist. Ebenfalls hat er geschworen, nie mehr nach einer Reiseerlaubnis, um seinen Landkreis zu verlassen, zu fragen. Wegen seinem Trotz und der Ermunterung gegen dieses rassistische Gesetz vorzugehen und es bekannt zu machen und als Teil der Strategie des deutschen Staates den zivilen Ungehorsam, zu dem von den TeilnehmerInnen des Kongresses aufgerufen wurde, niederzuwerfen, wurde Cornelius Yufanyi zu einer Anhörung am 12. Oktober diesen Jahres vor Gericht bestellt. Das bedeutet eine Gefängnisstrafe bis zu einem Jahr oder die Abschiebung aus Deutschland.

Im Westen siehts nicht besser aus

Am 22. September 2000 wurde Halil Arslan in Oberhausen Osterfeld verhaftet. Halil Arslan ist Teilnehmer des Wanderkirchenasyls der KurdInnen in Nordrhein-Westfalen und hat seit Januar 1999 in verschiedenen Kirchen in Oberhausen Schutz gefunden. Er ist verheiratet und hat vier Kinder, die nach wie vor in der schutzgewährenden Gemeinde sind. Halil und Ayten Arslan stammen aus der Region Mardin, einem Teil Kurdistans, der zur Türkei gehört. Sie mußten aus ihrem Dorf fliehen, nachdem das türkische Militär Halil Arslan mehrfach aufgefordert hatte, als Dorfschützer gegen die PKK aktiv zu werden und ihn auf seine Weigerung hin mehrfach verhafteten und folterten. Zwei Monate nach der Flucht der Familie nach Deutschland wurden zwei seiner Brüder ermordet. Inzwischen ist eine Schwester der Frau Arslan seid über einem halben Jahr verschwunden. Seit dem 25.9.1992 lebte Fam. Arslan mit ihren vier in Deutschland geborenen Kindern in einer Asylbewerberunterkunft, zuletzt in Heidelberg in Baden-Württenberg. Im Sommer 1998 sollte Herr Arslan abgeschoben werden und tauchte unter. Im Januar 1999 kam die Familie dann zum Wanderkirchenasyl nach Oberhausen, wo sie seitdem leben. Für den Fall, daß Halil Arslan in die Türkei abgeschoben werden sollte, wird das Schlimmste befürchtet. Er hat mit Inhaftierung und Folter zu rechnen. Noch kürzlich ist aus Regierungskreisen und aus dem Aussenministerium selbst bestätigt worden, daß die Menschenrechtssituation in der Türkei sich nicht erkennbar verbessert hat. Diese Erkenntnis hat – glücklicherweise – dazu geführt, daß von den ursprünglich beabsichtigten Panzerlieferungen abgesehen wurde. Bedauerlich und tragisch ist jedoch, daß dies bislang noch nicht zum Innenministerium vorgedrungen ist. Weiterhin werden Menschen in die Türkei abgeschoben, auch aus dem Wanderkirchenasyl, obgleich eine erhöhte Gefährdung gerade von TeilnehmerInnen des Wanderkirchenaslys erwiesen ist, auf welche auch in einer Ergänzung des Lageberichtes des auswärtigen Amtes hingewiesen wird. In der Tat mußte Yussuf Demir, ein anderer Wanderkirchenasylkurde, dies nach seiner Abschiebung Anfang diesen Jahres in die Türkei erfahren: Er wurde mehrfach verhaftet und unter Schlägen und Drohungen u.a. zu den Aktivitäten und zu Personen aus dem Wanderkirchenasyl befragt. Dies alles sind Gründe genug, um von einer starken Gefährdung von Halil Arslan in der Türkei auszugehen. Die für die Abschiebung zuständige Behörde ist in Baden-Württenberg in Karlsruhe.

Abschiebungen in MV

Der Landesregierung zufolge wurden in der Zeit von Januar bis einschließlich September 2000 289 Menschen aus Mecklenburg-Vorpommern deportiert. Damit erhöhte sich die Zahl der Abgeschobenen seit Eintritt der PDS in eine Landesregierung im Oktober 1998 auf 741 Menschen. Daneben sind in diesem Zeitraum 268 Personen »freiwillig« ausgereist, nachdem sie durch die Behörden keinen Aufenthaltstitel mehr ausgestellt bekamen. Zur »Sicherung der Ausreise« wurden in den vergangenen zwei Jahren 237 Menschen in Abschiebehaft genommen. Einige von ihnen mußten, ohne wegen einer Straftat verurteilt worden zu sein, bis zu 259 Tagen im Abschiebeknast Bützow auf ihre erzwungene Ausreise warten.

zusammengestellt aus Pressemeldungen

(Flüchtlingsplenum Aachen, Karawane, jw)


  zurück zur Ausgabe 5 zurück zur Hauptseite