Laßt die Natur gärtnern! - Ein paar Erfahrungen mit Permakultur

Man/frau muß keinen Geistesblitz haben, um in die Klagehymne einzustimmen, daß wir, die armen Menschen, die Erde an ihre physischen Grenzen geführt hätten. Klar, wir können einfach nicht weiter in diesen riesigen Dimensionen Müll und Umweltverschmutzung produzieren oder unseren unstillbaren Appetit an Rohstoffen decken. Es ist bezeichnend für unsere verschwenderische Schlauheit, daß wir in der Lage waren, Möglichkeiten zu entwickeln, Nahrungsmittel herzustellen, bei denen ungefähr 10 Kalorien Energie (Arbeitskraft, Transport, ...) in jede Kalorie erzeugte Energie im Nahrungsmittel gesteckt werden. Darüber kann mensch lange jammern, aber frau/man kann auch was tun: Die Bio-Landwirtschaft reduziert diesen Energieverbrauch schon um einiges, doch auch sie braucht Maschinen und Infrastruktur und ist unterm Strich in dieser Hinsicht gar nicht mehr so effizient. (Was Ihre Wichtigkeit gewiß nicht außer Frage stellen soll !!) Die Alternative: einfache bäuerliche Landwirtschaft (jedeR hat sein/ihr Feld) zur Selbstversorgung ist pure Schufterei, wenn`s reichen soll. Eine dritte Möglichkeit aus dem Dilemma rauszukommen könnte Permakultur heißen. Der Begriff Permakultur hat nix mit Permafrostboden oder dergleichen zu tun, sondern kommt von "permanent agriculture" und meint (im Wesentlichen) das bewußte Arbeiten an einer für alle lebensfähigen Zukunft auf der Grundlage von Kooperation mit der Natur und Sorge für die Erde, ihre Lebewesen und Menschen. Sie wurde aus dem Wissen und den Fähigkeiten vieler Ökologen und Soziologen besonders in Australien entwickelt, um in wirklich längerer Hinsicht unsere Bedürfnisse an Nahrungsmitteln, Unterkunft und finanziellen und soziale Strukturen zu decken. Somit kann sie als langlebiges System zur Schaffung (dem "Design") nachhaltiger menschlicher Lebensräume gesehen werden. Permakultur ist nichts anderes als eine Mischung cleverer und weiser Ideen aus den Bereichen von Landwirtschaft, Ökologie und Soziologie, sowohl traditioneller als auch moderner. Was sie einzigartig macht, ist, daß die Prinzipien und geschaffenen Systeme unglaublich eng an natürlichen Ökosystemen orientiert sind - an natürlichen Gemeinschaften von Wildpflanzen und Tieren, wie Wälder und Wiesen. Stellt Euch einen Wald vor: Er hat eine hohe Krone von Bäumen, niedere Schichten mit kleineren Bäumen, großen und kleineren Büschen, Kräutern und Moosen, plus Pflanzen, die nur am oder im Boden wachsen und Kletterer, die sich über alle Schichten erstrecken. Die Produktion von Pflanzenmaterial in einem solchen Wald ist schierer Wahnsinn, verglichen mit z.B. einem Weizenfeld vor den Toren Greifswalds, das gerade mal aus einer Schicht von ungefähr einem halben Meter Höhe besteht. Jetzt stellt Euch vor, dieser Wald würde ausschließlich aus Nahrungsmittel liefernden Pflanzen bestehen .... da sieht das Weizenfeld alt aus. Um diese riesige Produktion an Biomasse zu erreichen, braucht der Wald lediglich Sonne, Regen, und das Gestein, aus dem er seinen eigenen Boden macht. Dagegen ist das Weizenfeld denkbar uneffektiv: Mensch muß pflügen, kultivieren, säen, düngen, Unkräuter und sogenannte Schädlinge kontrollieren usw.. Für all das braucht er eine riesige Menge Energie, menschliche oder fossile. Mit einem Ökosystem wie diesem Wald, das aber dazu noch Nahrungsmittel liefert, ginge es ohne das alles. Das ist die Hauptidee der Permakultur-AnhängerInnen: lebensfähige "essbare" Landschaften schaffen. Für den/die Klein- oder HinterhofgärtnerIn in Greifswald ist das jetzt sicher alles ziemlich abgehoben und theoretisch, aber auch sie/er kann die Permakultur-Prinzipien leben und etwas tun. Also machen wir es konkret. Im Sinne der Permakultur ist es extrem wichtig, auf das Ganze zu schauen, also z.B. herauszufinden, welche Verbindungen zwischen den einzelnen Elementen im Garten herrschen und mittels unseres menschlichen Kombinationsvermögens diese räumlich so anzuordnen, daß wenig Energei für ihr Wachstum und Wohlergehen verbraucht wird., da sie sich selbst helfen. Das kann die einfache Mischkultur verschiedener Pflanzen auf einem Beet sein, die Bodenverbesserung durch Wildwuchs, die Verwendung von Gründünger (also Pflanzenresten) oder Techniken zur Nutzung von den Dingen, die ihr sowieso habt, wie Regenwasser oder den Verdauungsresten Eurer Hunde. Den Möglichkeiten sind da keine Grenzen gesetzt und mit der Zeit entwickelt sich aus Eurem Land mit Euren Ideen ein effizientes System, das der Natur wenig Energie entzieht. Und Euch wenig Arbeit macht. Das waren natürlich nur ein paar Ideen und vielleicht (hoffentlich) ein Denkanstoß, aber es gibt gute Literatur zum Weiterlesen. Das praktische Standardwerk ist von Bill Mollison und heißt "Einführung in die Permakultur". Die Permakultur-Ideen werden auf vielen netten Kommunen und Projekten auf dem Globus gelebt. Sie zu besuchen, heißt, mit einer Ladung von Ideen und Motivation zurückzukommen & der Überzeugung, daß man wirklich was verändern kann. Die angemessene Reaktion auf Probleme und Herausforderungen ist eben nicht der hysterische Aufschrei: "Etwas muß getan werden!" sondern ein ernst gemeintes "Was können wir tun ?".


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