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Heda!
Waffen, Waffen!
Der Dichter Oskar
Kanehl und der Wiecker Bote
Oskar
Kanehl wird am 5. Oktober 1888 in Berlin geboren. 1908 macht er Abitur
und studiert sieben Semester vor allem Philosophie und Deutsch an der
Friedrich-Wilhelm-Universität in der Hauptstadt des Kaiserreichs. Seine
Dissertationsschrift wird in Würzburg wegen kirchlichen Anstoßes abgelehnt.
Deshalb immatrikuliert Kanehl sich 1911 am germanistischen Institut der
Königlichen Universität Greifswald. Er promoviert hier am 9. November
1912 cum laude. Seine Doktorarbeit erscheint ein Jahr später als Buch:
Der junge Goethe im Urteil des jungen Deutschland. Seine Mitarbeit an
den Greifswalder Hochschulblättern muß Oskar Kanehl beenden, weil er politisch
nicht neutral bleiben kann. Er zieht aus der Stadt ins Fischerdorf Wieck
und be-kommt Lust, eine Bombe ins schwarze Ketzernest Greifswald zu werfen.
Eine Zeitschrift.
Am 16. Juli erscheint die erste Nummer des Wiecker Boten. Bis zum Verbot
im Sommer 1914 wegen Gotteslästerung und Verbreitung unzüchtiger Schriften
erscheinen elf weitere. Das Blatt findet Beachtung: Die lokale Presse
greint, die Universität kündigt der Druckerei des Wiecker Boten alle Aufträge,
Kanehl selbst erhält mehrere Aufforderungen zum Duell von Greifswalder
Korpsstudenten. Alles endet erst dann, als Oskar Kanehl 1914 zum Kriegsdienst
einberufen wird.
Der Titel der Zeitschrift ist Programm: Weg vom bürgerlich-universitären
Leben, hin zum Dorf, zu den Fischern, zum offenen Meer. Der Wiecker Bote
beobachtet aus naher Entfernung. Er ordnet sich zunehmend in die Vielfalt
der expressionistischen Zeitschriften ein, beeinflußt in erster Linie
von Franz Pfemferts Die Aktion. Das Blatt enthält Aufsätze und Lyrik,
Kunst- und Literaturkritik und Beiträge zum Hochschulleben in Deutschland.
Der Wiecker Bote spürt die neuen Zeiten: Gottfried Benn, Paul Boldt und
Georg Heym werden besprochen, Albert Ehrenstein, Max Hermann-Neisse und
Else Lasker-Schüler schreiben neben dem Kreis der Studenten um Oskar Kanehl.
Dem verehrten Greifswalder Philosophen Johannes Rehmke wird ein Sonderheft
gewidmet.
1922 erscheinen die Kriegsgedichte von Kanehl mit dem Titel: "Die
Schande. Gedichte eines dienstpflichtigen Soldaten aus der Mordsaison
1914-18" im Verlag der Aktion - der Autor ist Gefährte von Franz
Pfemfert in Berlin geworden. Kanehl engagiert sich vorübergehend in der
KPD, dann in anarchistischen Splittergruppen, enttäuscht über kommunistische
Parteidisziplin und Autoritätenhörigkeit. 1924 veröffentlicht er beim
Spartakusbund den Gedichtband Straße frei. Er verdient sein Geld als Regisseur
an den Rotterbühnen in Berlin, einem Verbund mehrerer Boulevardtheater.
Innerlich zerrissen stürzt sich Oskar Kanehl am 28. Mai 1929 aus dem Fenster
seiner Wohnung in der Berliner Kantstraße.
Oskar Kanehl ist bald vergessen. Manche singen noch sein "Wir sind
die junge Garde". Das deutsche Verlagswesen hat ihn nicht mehr zur
Kenntnis genommen. 1995 wird der Wiecker Bote von einem Kreis junger Autoren
neu begründet. Die Zeitschrift folgt den progressiven Traditionen Kanehls.
Autoren, wie Manfred Peter Hein, Amanda Aizpuriete, Kito Lorenc und Richard
Anders, veröffentlichen in den literarischen Heften zur Zeit. An Wolfgang
Koeppen wird in einem Sonderheft und in regelmäßigen Beiträgen erinnert.
Ich
bin der letzte der die Straße kommt
Ich
bin der letzte der die Straße kommt.
Oststurm fegt über die See
und reißt vom Himmel trübe Last.
Verschüttet liegt das Dorf im Schnee.
Mit
Mühe nagt mein Schritt sich hin,
wo hart am Ende, gefahrumringt,
aus Nebel, Wolken Flut und Wind
mein festes Haus noch dunkel winkt.
Doch
ich bin da. Stolz an der Scheide
von Meer und Land ich einsam steh.
Ich bin der letzte der die Straße kommt.
Die erste Spur im jungen Schnee.
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