Der NPD-Anwalt Peter Stöckicht bei seiner Lieblingsbeschäftigung: Reden halten
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Der stellvertretende Bundesvorsitzende der NPD und Anwalt Hans Günter Eisenecker
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Dunkle Haare dunkle Augen dunkler Teint

NPD- Staranwälte bei Prozessen gegen Rechte in Greifswald

Am 2. und 10. September wurde vor dem Amtsgericht Greifswald die Anklage der Staatsanwaltschaft gegen den Vorsitzenden des NPD- Kreisverbandes Maik Spiegelmacher und gegen die beiden jugendlichen Skins Andreas W. und Robert P. wegen Körperverletzung und Sachbeschädigung in zwei Fällen verhandelt. Der 26jährige Spiegelmacher war 1992 zu drei Jahren Haft verurteilt worden, weil er einen marokkanischen Studenten beinahe totgeschlagen hatte (siehe auch Heft 2). 1993 vorzeitig wegen guter Führung aus der Haft entlassen,- eine Bewährungsstrafe wegen Volksverhetzung läuft noch bis zum Jahr 2000,- war er in diesem Jahr (erfolgloser) Spitzenkandidat seiner Partei bei den Kommunalwahlen. Der Tatbestand: im September letzten Jahres waren während des Wahlkampfes drei junge Männer nachts von einem Plakatiertrupp der NPD, an ihrer Spitze nach Beobachtung eines Zeugen Maik S., überfallen worden, wobei zwei von ihnen Verletzungen erlitten. In einer weiteren Auseinandersetzung, an der W. und P. beteiligt waren, wurden zwei Antifaschisten leicht verletzt. Im Unterschied zu vielen anderen Fällen trat der politische Hintergrund der Straftaten nicht nur klar zutage, sondern wurde sogar betont. Maik S. ließ sich von Dr. Hans Günter Eisenecker, einem Staranwalt der Rechten, verteidigen, der die Position eines stellvertretenden Bundesvorsitzenden der NPD innehat und 1998 bei den Bundestagswahlen Spitzenkandidat seiner Partei für Mecklenburg- Vorpommern war. Der Schüler Robert P. wurde von dem NPD- Funktionär Peter Stöckicht vertreten, 1968- 1972 Abgeordneter der NPD im Baden- Württembergischen Landtag, der sich ebenfalls im letzten Jahr aktiv am Wahlkampf und am Aufbau der Partei in M-V beteiligt hatte. Für die drei Geschädigten und Zeugen der ersten Tat geriet die Verhandlung zu einer quälenden Befragungsprozedur. Um ihre Glaubwürdigkeit zu erschüttern und Maik S. zu entlasten, wurden ihnen von den Rechts- Anwählten immer neue Details abverlangt. Ein 17jähriger wurde zwei Stunden lang verhört. Er sollte u.a. zu der Frage Stellung nehmen, warum Maik S. nach seiner Meinung ein Rechtsradikaler sei. Die Aussage eines anderen Zeugen, er habe S. auf zwanzig Meter Entfernung erkannt, weil er ihm schon einmal bei einem Prozeß gegenüber gesessen hatte, wurde mit den erstaunlichsten Argumenten demontiert. Das Plädoyer Eiseneckers gipfelte in der Feststellung, die Glaubwürdigkeit dieses Hauptbelastungszeugen sei aufgrund seiner „dunklen Haare, dunklen Augen und seines dunklen Teints“ schwer zu beurteilen, zumal solche Personen „besonders schauspielerisch begabt“ seien. Nicht diese Äußerung, sondern die daraus resultierende Unruhe im Publikum quittierte der Richter mit Verärgerung und einer Verwarnung. Die Machtverhältnisse im Gerichtssaal entschieden sich auf erschreckende Weise zugunsten der Angeklagten. Das zeigte sich auch darin, daß der Richter die Beeinflussung und Einschüchterung von Zeugen durch die Rechts- Anwälte zuließ, als etwa einer der Geschädigten gezwungen wurde, Seite an Seite mit dem Gewalttäter Maik S. bzw. zwischen diesem und dessen Anwalt förmlich eingeklemmt, Bilder vom Tatort zu kommentieren. In den Verhandlungspausen wurden von den anwesenden Parteifreunden von Maik S. Morddrohungen gegen Schüler ausgestoßen. Der Richter folgte in seinem Plädoyer im wesentlichen den Ausführungen der Rechts- Anwälte und übte scharfe Kritik an den Zeugen gegen Maik S., die seiner Ansicht nach das Gericht belogen hatten. Der NPD- Kreisvorsitzende wurde auch aufgrund der entlastenden Aussage seiner Mutter (!) von dem Verdacht, am nächtlichen Überfall beteiligt gewesen zu sein, freigesprochen. Andreas W. und Robert P., die der Verhandlung mit ständigem Grinsen und Kopfschütteln beiwohnten, waren teilweise geständig und kamen nach Jugendstrafrecht mit einer Verwarnung und achtzig Stunden gemeinnütziger Arbeit davon. Bereits am 24. August hatte in Greifswald der Prozeß gegen zwei 18jährige Skins stattgefunden, die im März zusammen mit fünf anderen einen jungen Mann aus dem als links geltenden Jugendzentrum „klex“ vor einer Einkaufspassage der Innenstadt zusammengeschlagen und ge-treten hatten. Beide Angeklagte waren wegen Körperverletzung vorbestraft. Das Gericht verurteilte Marcel D. zu dreieinhalb Jahren Haft und Kai S. zu anderthalb Jahren auf Bewährung. Die Verhandlung gegen drei weitere Tatbeteiligte, darunter den Sohn des Geschäftsführers der Greifswalder Filiale der Vereins- und Westbank, steht noch aus.

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PS: Kurz vor Redaktionsschluß wurde bekannt, daß die Staatsanwaltschaft gegen Hans Günter Eisenecker wegen der zitierten Bemerkungen Anklage wegen Beleidigung erhoben hat.


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