gehört, gesehen, gelesen | ||
Likedeeler 16, Frühjahr 2005 | ||
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ZONIC @ Likedeeler Part IV | |
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neues für augen und ohren | ||
Nach kurzer Pause, die aber, wie hoffentlich so einige von Euch mitbekommen haben, angefüllt war vom dem In-die-Welt-gehen der Zonic-Voll-Magazin-Ausgabe, also von Kulturellen Randstandsblicken & Involvierungsmomenten in der 13,5ten Auflage, melden wir uns mal wieder bei diesem anderen Rand-Mediumstandort, um Kunde zu geben von dem, was es akut & aktuell so gibt zum: Hören, Sehen und Lesen. Relevanzen & Präsenzen, zonic-subjektivistisch. | ||
Nun denn, in medias res: | ||
Hören | ||
Eine der Hör-Präferenzen dieser Tage ist das LCD
Soundsystem mit dem selbstbetitelten Erstlings-Album auf DFA Records/EMI.
Damit stehe ich nun wahrlich nicht allein auf erweitertem Dance-Flur, aber
ein wenig Konsens darf doch wohl schon mal sein, zumal, wenn er so leicht
fällt wie hier, werden doch allzu viele meiner Vorlieben-Sensorien
berührt von den New Yorker Herren um DFA-Mastermind James Murphy. Da
ist sein Gesangsstil mit der überstarken Mark E.Smith-Referenz, damit
also The Fall als ewige Lieblingsband auf der Waagschale, da sind die klug-kühn-coolen
Verschnitte von Tanz-Punk und Electric-Groove, von Früh-80er-No Wave-KrankFunk
und Mutant Disco mit den besseren Wirkungsmechanismen von House und da sind
zudem auch noch wissende Einfühlungen in Rocktradition, eine Pink Floydeske
Ballade, z.B. Hitgespür, Cleverness und leger unprätentiöse
Selbstverständlichkeit. Das sie bei ihrer Auskopplung allerdings Daft
Punk in ihrem House spielen lassen wollen, sollten sie sich nach deren fast
zeitgleich erschienenem Human After All (Labels/Virgin/EMI)
noch einmal überlegen, für mich jedenfalls sind die Herren Bangalter
und Christo allzu sehr in (rockender) Selbstwiederholung gefangen. Nicht
unerwartet, trotzdem irgendwie schade, fast. Zu besseren Punk-Momenten:
The Prefects z.B., denen mit The Perfect Wanker (Acute) die
nicht unverdiente späte Würdigung zukommt, gehörten die Birminghamer
mit ihrem unkonventionellen 1979er Post Punk doch auch irgendwie in die
Reihe neben The Fall, was herausgestellte Amateur-Gestalt und ergreifende
existenzialistische Rumpligkeit angeht - etwas später wurde aus dem
Entlein übrigens ein Schwan namens The Nightingales, falls jemand diesen
Vogel noch kennt. |
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Ko(s)mische Vögel sind sicher Die Weltraumforscher, deren 21 Weltraum-Standards auf Staubgold erscheinen. Eine vornehmlich der POP-Seite jener seit 1978 aktiven Züricher verpflichtete Werkschau, die mit einer vorher als Vinyl schon auf Gagarin Records, dem Felix Kubin-Label, erschienenen Remix-CD gekoppelt ist, auf der u.a. Mouse on Mars, Barbara Morgenstern, FX Randomiz oder Neoangin Verwandtschaftsbeziehungen und/oder Sympathiebekundungen offenbaren. Wohlbegründet, loten die charmant skurrilen Weltraumforscher doch ein ganz eigenes Sonnensystem zwischen schiefem Kunst-Folk, psychedelic Glitzersongwriting und sanft experimenteller Heimelektronik aus- sehr weit draußen und zugleich bei bzw. in sich seiend. Setzen wir die Charme-Offensive gleich fort: Eigenwillig zerschnittene, fein zerfaserte, sanft überdehnte und gezerrte Pop-Folk-Songs auf estnisch performen uns Pastacas mit Tsaca Tsap (Kohvi Records), sehr ins Detail fallend, gefühlvoll und mit zarter Geste- & mir dabei sehr in jenem Fallen gefallend. Esti Glitch Pop: sehr meine Tasse Kohvi, leicht gesüßt und mit viel Milch(glas vor der Wahrnehmung), versteht sich. In bester Pram-Tradition, zumindest für meine Vergleichswerte, bewegen sich Pit Er Pat auf Shakey (Thrill Jockey), kleine schein-naive Wundermelodien vor sich her stupsend, mal poltriges Kammerjazzstück oder verschrobene Spät-60s-French Pop-Attitüde, dann wieder post-hippieske Orgeleskapade oder drängender Schräg-Folk. Oder auch all dies ineinander. Ganz bezaubernd jedenfalls, in aller herausgestellten Nonperfektion (die ja auch schon wieder Kalkül sein kann). Der Abrundung halber sei der Bogen nun wieder etwas in die härtere Kategorie geschlagen. Post Punks sind ja auch Armia auf spezielle Weise, mittlerweile mit starkem Akzent ins Schwermetallene, wo sich fast prog-rockige Songkomplexität, die albumabschließend gar in ein halbstündiges Psychedelic-Opus überbordet, mit geschwindem Hardcore-Ausbruch, weiten Waldhorn-Melodie-Signalen und einem grundsätzlichen wie vor allem durch Sänger Tomek Budzynski verkörpertem Charisma bündelt, das eben auch auf christliche Mystik abhebt. Christ Core | ||
heißt die Schublade in Polen dazu. In der vibriert
gleich neben Armias Ultima Thule (Metal Mind) in ungestümer
Art unbändig bolzend auch das Seitenprojekt Budzy i Trupia Czaszka
mit der CD Uwagi Józefa Baki (Fronda/Metal Mind), bei
dem Budzynski basierend auf einem brachial aktualisierten 1985er Demo der
Prä-Armia-HC-Band Siekiera spätbarocke Todes-Texte des Jesuiten
Jozef Bajka brüllt. Ein Release, der übrigens, um die unangenehm
komplizierte Themenlage anzudeuten, in Zusammenarbeit mit dem katholisch-konservativen
Magazin Fronda erschien. Wir werden das Thema vertiefen, im nächsten
Zonic oder auch in der Zonic Radio Show bei Radio 98eins, alldonnerstäglich
ab 20.00 Uhr (Werbeblock!). Erhöhte Härtegrade, wenn auch gänzlich
anderer Gestalt, werfen Isis aus Los Angeles ins Fühlfeld, ebenfalls
eine Art heavy Post-Hardcore-Band, grob zwischen Neurosis und Godflesh anzusiedeln.
Ihr Album Oceanic (Hydro Head/Indigo) wurde nun einer radikalen
Neuordnung und Interpretation unterzogen, an der Klangalchemisten und Neutöner
wie Fennesz, Teledubgnosis, Thomas Köner, James Plotkin, DJ Speedranch,
Ex-Godflesh/ Techno Animal Justin K Broadrick, Däleks The Oktopus oder
olle Mike Patton werkelten, bis der Ozean entweder beat-krachendes sonisches
Seebeben, dunkelrhythmisch schwappende Dub-Suppe, brodelnde Ambientgischt
oder zu einem sich stetig ausbreitendem Eisfeld geworden ist, durch das
verirrte Grind-Stimmen und Tieffrost-Guitars sägen. Beängstigend,
packend, zwingend- wahrhaft ozeanisch in Tiefe, Weite, Schwere! Von sehr anderer Deepness ist da, was sweet Sugar Minott At Studio One (Souljazz/Indigo) Ende der 70er fabrizierte: rootsgesättigter Original Dancehall der ersten Stunde, die guten alten Studio One-Riddims mit betörender Sanftheit zum Revival reitend, deren Minott´sche Versionen hiermit auch endlich mal in Top Soundqualität vorliegen. Zugreifen und sich ergreifen lassen, lautet mein Befehl. Das gilt ähnlich natürlich auch für Burning Spears Creation Rebel (Heartbeat), dessen frühe Studio One- Tage hier aufgearbeitet werden, was parallel übrigens dito ein Release bei Souljazz tut. Bleiben wir noch kurz bei dem fast schon Abonnement-mässig zwingend gute Platten in |
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den Markt stellenden Londoner Label Souljazz. Da gibt´s derzeit u.a noch Spirits of Life. Haitian Vodou, perkussive Beschwörungsrhythmik und Geisteranrufungsgesang in toller Verpackung plus informativ gut bestücktem Booklet sowie eine phantastische Doppel-CD oder Triple-Vinyl-Ausgabe namens New Thing. Deep Jazz from the USA 1970-80, cooler hot stuff zwischen Street Funk, (Outer-)Space Sounds und Freiklang-Groove, den ich Jazz-Banause gar nicht genug würdigen kann, mit Sun Ra, Archie Shepp, Alice Coltrane, Malauwi oder dem Art Ensemble Of Chicago, beispielsweise nur. Zeitlich parallel waren Glen Brown & Friends aktiv auf Jamaika. Rhythm Master Vol.1, das auf dem neuen Cooking Vinyl-Sublabel Hot Pot (/Indigo) erscheint, bei dem auch Blood & Fire-Mastermind Steve Barrow als Compiler und Kommentator mitwirkt, bringt uns vor allem neun Versionen des Dirty Harry-Riddims, u.a. mit Glen Brown selbst als Sänger sowie I-Roy und Prince Jazzbo als Toastern und knackig-minimalen King Tubby-Dubs, zudem noch Gregory Issacs und Big Youth und zwei weitere Songs des Glenmore Brown, der mit diesen Früh/Mitsiebzigern-Produktionen seinen würdigen Platz in der Reggae-Historie verdient hat, weswegen Steve Barrow dieses mit raren Versions gespickte Beweisstück ja auch compilierte. Volume Two folgt dann hoffentlich bald. Kurz noch zu zwei anderen Veteranen des Reggae. Freddy McGregor ist ganz sicher einer, erinnert sei nur an das grandiose Bobby Babylon-Album auf Studio One. Push Comes To Shove (RAS/RTD) versammelt ein paar Perlen aus der End-70er-Zeit, deren Arrangements etwas an englische Produktionen erinnern, und stellt sie neben Lovers Rock-Süßlichkeiten der 80er, darunter natürlich der wunderbare Titelsong-Schlager, aber auch die eine oder andere neben mein Vibe-Feld fallende Sache. Was eine gewisse Zweispältigkeit hinterläßt. Der sehr viel jüngere Veteran ist da Buju Banton, der aber auch schon historische Rückschau betreiben kann und hier mit seinen Friends vorstellig wird auf Doppel-CD (VP Records/Groove Attack), allesamt Combinations, die hinter einem grandios gräßlichem Cover sich verbergen. Die Partner sind ausgesuchte Stars, keine Frage: von Wayne Wonder, Beres Hammond, Marcia Griffith, Leroy Sibbles bis zu Tenor Saw (ein postumes Duett), Bounty Killer, Red Rat oder gar den California-Punks Rancid; die Themen sind der Entwicklung von Buju Banton entsprechend von roughen Rudebwoy-(Bett)stories bis zu Rasta-Rebel-Hymnen gestreut. | ||
Sehen | ||
Seit kurzem steht in unserem Haushalt ein DVD-Gerät, der Fortschritt schreitet unerbittlich. Aber so kommt man eben auch endlich in den Genuß, beispielsweise die ikonografisch vollgestopften gesammelten Musikvideo- Werke von Laibach (Mute) sehen zu können, als ersten Teil einer Serie von Laibach-DVDs. Totalitär-Pop, Theatralik, Technizität und anderes Tamtam bzw. Tätärätä, von den frühen martialischen Industrial-Brachialkunst- Filmen bis zum ausgeklügelten Ausspielen uniformierter MiliTanzbarkeit heute. Oder die WarpVision-Videos 1989-2004- Collection (Warp/ Rough Trade), ästhetische Standards setzende Bild&Soundbrocken teils- Aphex Twin, Squarepusher, LFO..., hightechnisiert, shocking entertaining oder zur Entspannung skurril versponnen bei Jimi Tenor oder sixties-poppistisch wie bei Broadcast. Gewisse Schock-Strategien wußten auch die Residents stets wohl konzeptioniert in Anwendung zu bringen, ein wenig davon ist auch auf der Commercial-DVD (Mute) zu sehen, die neben Original-Filmen der Residenten weitere Kurz-Filme externer Macher enthält, die jedoch nicht immer das Level halten können. Was der Sache an sich keinen Abbrauch tut, ist doch das Commercial-Album mit seinen am (damaligen) Werbeclip-Format orientierten Kürzest-Songs und Klangvignetten allein schon das Hin-Hören allsekündlich wert. Ansonsten gibt´s vom pseudo-naiven Trickfilm bis zu bösen Horror-Puppenspielen allerlei, fast hätte ich geschrieben: für die ganze Familie. Für eine ganz gefestigte jedenfalls. Schön zudem auch die Labyrinth-Menüführung. Sehr viel straighter ist da die Armia-DVD Triodante (Metal Mind), die eine theaterhafte Inszenierung für das Krakauer Fernsehen dokumentiert, die anlässlich des gleichnamigen Armia- Albums von 1994 aufgezeichnet wurde, welches ja nicht zuletzt auf Dantes Göttliche Komödie Bezug nahm. Die Band zeigt sich dabei auf ihrem zweiten Höhepunkt (nach den Weggang vom früheren musikalischen Mastermind Robert Brylewski- mehr dazu siehe Zonic #13,5!), äußerst komplexe, aber bereits stark metallisch aufgeladene Lang-Songs spielend mit intensivster Energie, gesteckt in mittelalterliche Kostüme- während die gesamte Bildsprache leider ein wenig in sich ruht, zuwenig Steigerung aufbauen kann. Aber man konnte es sich wohl nicht leisten, da Peter Greenaway fürs polnische Lokalfernsehen zu engagieren, der mir hier spontan als bildkräftig genug einfiel. | ||
Lesen | ||
die horen #217 Das andere Arkadien/ Unterwegs im Universum
Fantasticum
Die Horen, in der griechischen Mythologie die Bezeichnung für die
Göttinnen der Jahreszeiten, im hier und jetzt eine Zeitschrift für
Literatur, Kunst und Kritik, erscheint jeweils zum Frühling, Sommer,
Herbst und Winter im nunmehr 50. Jahr. Das aktuelle Heft widmet sich einem
Thema, bei dem wohl so mancher Leser bezweifelt, daß das,
wovon wir reden überhaupt noch Literatur sei- ernstzunehmende Literatur,
versteht sich, wie es im Vorwort heißt. Und ganz richtig,
seriös behandelt wurden Androiden und Zeitreisen lange wohl nur von
der eingeschworenen Fangemeinde; futuristische und phantastische Gedankengebäude
von den Verfechtern der sogenannten Hochliteratur selten oder
nie betreten. Ganz zu unrecht, wie diese Ausgabe zeigt. mehr Lese-Empfehlungen: Wort(witz)ge-wandt, (nerd)fundiert und sehr tiefe Einblicke gewährend, zu Pop´n´Politics und Persönlichkeitsentwicklung- Plattenspieler von Frank Witzel, Klaus Walter und Thomas Meinecke (Edition Nautilus). Oder zu Alkohol & Literatur, vermischt bzw. pur- Das Buch vom Trinken (Verbrecher Verlag), amüsant und (ab)schrecklich (aber: am Abend schmeckt es ja doch wieder). Letzteres sollte man doch mal im Fallada-Haus lesen lassen- passenderweise! |
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A. PEHLEmann |
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